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  • Wissenschaftsjahr 2010
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300 Jahre Akademie der Wissenschaften

Für Gottfried Wilhelm Leibniz, den Gründer und spiritus rector der Berliner Akademie der Wissenschaften, gab es keinen Gegensatz zwischen Theoriebildung und Praxis, zwischen Forschung und Anwendung – beides gehörte zusammen.

Für ihn war der Fortschritt des Wissens und die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen Triebfeder seines Handelns.

Sein Ideal war die Zusammenführung von Geistes- und Naturwissenschaften, nicht deren Trennung wie an den Akademien in Paris und London zuvor. Die Gründung einer möglichst alle Disziplinen umfassenden Akademie war daher sein konsequentes Anliegen. In der preußischen Königin Sophie Charlotte fand Leibniz eine kongeniale Förderin.

Lange Gespräche mit ihr führten dann 1700 zur Gründung der Königlich Brandenburgischen Sozietät der Wissenschaften. Erst 1710 gab ihr der König Friedrich Wilhelm I das rechtswirksame Statut.

So entstand ein hervorragendes Instrument in Preußen, um bedeutende Gelehrte an sich zu binden und ihnen eine wissenschaftliche Heimat zu bieten. Wissenschaft wurde so die notwendige Bedingung zur Staatswerdung und wirtschaftlicher Prosperität.

Rasch entwickelte sich die Akademie zu einem herausragenden intellektuellen Standort in Europa. Nach den Napoleonischen Kriegen geriet Preußen in eine große Krise. Dabei kam dem Bildungswesen eine große Bedeutung zu. Wilhelm von Humboldt wurde zum konsequenten Bildungsreformator. Die Universität, das öffentliche Schulwesen und die formulierte Einheit von Lehre und Forschung waren dann signifikant für diese Reform
Nach der Universitätsgründung behielt die Akademie zwar ihre Struktur, doch der wissenschaftliche Anspruch wandelte sich grundlegend. Von der ehemals preußischen Forschungsstätte blieb nur noch die Gelehrtenversammlung.

Heute übernimmt die Akademie mit kooperierenden Unternehmen Editions- und Sammelaufgaben, die die Arbeitskraft eines einzelnen Forschers übersteigen. Historisch-philogische Qellensammlungen bilden dabei den Schwerpunkt. Hinzu kommen Projekte, die der Sicherung des historisch-kulturellen Erbes dienen. Seit 1853 besteht bis heute das Projekt
“corpus inscriptiorum latinorum“.

Das kongeniale Zusammenwirken zwischen Berliner Universität, der Akademie und der vor 100 Jahren gegründeten Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, später Max-Plank-Gesellschaft, war der Grundstein für weltweite Bedeutung Berlins als Stadt der Wissenschaften.
Durch die Schaffung einer „Akademieprofessur“ gelang es z.B., Albert Einstein für Berlin zu gewinnen.
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300 Jahre Universitätsmedizin Charite`








Als Pesthaus 1710 vor den Toren der Residenzstadt erbaut, ist die Charite` durch bahnbrechende wissenschaftliche und medizinische Leistungen und mit Namen herausragender Mediziner untrennbar verbunden. Sie ist heute größte Universitätsklinik Europas.




Rudolf Virchow




Rudolf Koch


Es war ein langer Weg vom Armenkrankenhaus bis zur heute vereinten „Universitätsmedizin Berlin“. Trotz zahlreicher politischer Veränderungen, blieb eine erstaunliche Konstanz: Bei Beibehaltung der karitativen Grundidee – der Name als Programm! - sowie der Auftrag zur klinischen Ausbildung auf höchstem Niveau.

In 108 einzelnen Kliniken und Instituten, die in 17 Charite` Centren organisert sind, arbeiten mehr als 13.000 Mitarbeiter. Als medizinischer Dienstleister generiert das Klinikum mit 127.400 stationären und 500.000 ambulanten Fällen einen Jahresumsatz von über 1.000.000,- Euro. Pro monat werden 6000 Geburten, 700 Transplantationen sowie 6000 Operationen registrtiert.

Derzeit ist das Klinikum Ausbildungsstätte für ca. 8000 Human- und Zahnmediziner. Der Start des Reformstudienganges Medizin startete vor rund 10 Jahren erstmals in Deutschland an der Charite`.
Als moderne Universitätsklinik wird sie zum Vorreiter von „Akademischen Gesundheitszentren“, in denen das gesamte Spektrum der persönlichen Gesundheitspflege und der öffentlichen Gesundheit betreut und erforscht wird.



So ist das Klinikum eine der größten und wichtigsten wissenschaftlichen Einrichtungen, die Anziehungskraft in die ganze Welt hat. Dazu gehört aber nicht nur die „Klinikstadt“ in Berlins Mitte, sondern auch der Campus Buch im Norden Berlins mit dem Schwerpunkt Biomedizin.




200 Jahre Humboldt-Universität
( der Artikel erscheint auch im Magazin „Corps“)






Berlin empfand sich damals als das “Spreeathen” Preußens und seines damaligen Königs.

Preußen gibt es nicht mehr. Einen König auch nicht mehr. Nach weiteren Humboldts sucht man heute vergebens.

Dennoch, öffneten wir ein Zeitfenster, ermöglicht es uns den Blick auf das geistige Klima in einer Stadt, die damals wie heute wieder als eine Weltstadt der Kultur und der Wissenschaft gilt. Die Museumsinsel und die Humboldt-Universität sind bis heute in ihrem Universalansatz Vorbild für alle Museen und Universitäten der Neuzeit.
Die preußische Bildungs- - und Wissenschaftspolitik der Zeit war lang stilbildend.

Insbesondere mit den Brüdern Humboldt und dem Preußen ihrer Zeit verbindet sich ein Begriff:

Bildung

Immanuel Kant hatte dazu das Signal gegeben:
“Das Leben ist kein Dämmerzustand. Worauf es beim Studium der Welt ankommt, ist die Leidenschaft nach Erkenntnis.”

Über Bildung wird nun schon seit über vierzig Jahren und wieder nach dem sog. Pisaschock allenthalben wieder nur - schwadroniert.
Insbesondere dort, wo dumpfe Ignoranz der Treibstoff für die Schlachten um die Lufthoheit über den Stammtischen ist.
Für die “Reformer” gibt es endlich mehr Effizienz bei der Nutzung der Ressource Bildung. Von allen Seiten wird der Bürger mit Reformgetöse zugeschüttet, der populistische Orkus qualmt nach Kräften. Es sind ja auch immer wieder Wahlen.
Stößt man jedoch in diese bunten Ballons, welcher Couleur auch immer, mit der Nadel der Vernunft hinein, bleibt nur eins übrig:
ein runzeliger Haufen schlechter Grammatik.

Denn in Wirklichkeit steht Bildung davor, in die Liste der bedrohten Arten aufgenommen zu werden.

Immer mehr Gymnasiasten bringen seit Jahren weder die häuslichen Voraussetzungen noch das Interesse für die wissenschaftliche Propädeutik mit, die eigentliches Ziel gymnasialer Bildung war.

Solides Bildungswissen wurde ausgetauscht gegen beliebige Inhalte möglichst gegenstandsloser Lehre und unterhaltsamer Projekte, sogenanntem Edutainment.

Die Fadenscheinigkeit der aktuellen Diskussion über die Zukunft der Bildung und insbesondere der Gymnasien packt den Elitebegriff in ideologische Watte. Wo alle dabei sind, wird niemand diskriminiert. Toll!

Bildungsziele wie geistige Reife, Persönlichkeit, Charakter und Urteilsvermögen spielen kaum eine Rolle mehr und erscheinen romantisch und verstaubt. Bildung wird oft nicht mehr verstanden als lebensbegleitender Prozess, bei dem der Mensch seine soziale, geistige und kulturelle Kompetenz erweitert.
Heutzutage sind jedoch soft skills gefragt.

Diese Degeneration von Bildung soll ihre Besitzer für den einfachen Einsatz in der modernen Marktgesellschaft zurichten. Daher wird der Bildungsbegriff immer weiter reduziert auf ökonomische Verwertbarkeit, Wettbewerb,, Konkurrenz, Wohlstand etc….

Mit Bildung als “Lebensform, als Kombination von Denken können und wissen” (Karl Jaspers) hat das nichts mehr zu tun. Das hat auch Humboldt nicht gewollt.

Ich nehme die Begriffe wie geistige Reife, Persönlichkeitsbildung, Charakter und Urteilsvermögen noch einmal auf.

Ist dieser Ziel-Kanon nicht eigentlich auch corpsstudentisches Urgestein? Die Corps sind im 19. Jahrhundert und diesem geistigen Klima gegründet worden. Manche früher, manche später.

Diese Werte, geprägt von der Gedankenwelt des Humanismus, der Kant´schen Aufklärung und des Humboldt´schen Bildungsideals, auch als deutscher Idealismus bekannt, sind doch seit jeher Forderungen, die wir Corps uns als unsere geistige Grundlage auf die Fahnen geschrieben haben. Diese Werte waren auch durch die Einführung des studiums generale die Voraussetzung dafür, dass z.B. die Briten der TU Berlin nach dem Kriege die Lizenz wieder erteilten.
Das Studium generale gibt es in dieser Form nicht mehr.

Diese Werte sind es auch, die, neben aller persönlichen Bindungen in den einzelnen Corps, uns Corpsstudenten miteinander verbindet und uns von allen anderen Korporationen deutlich unterscheidet. Diese Besinnung auf unsere geistigen Wurzeln
sollte uns auszeichnen, nicht das lemurenhafte Befolgen von sinnentleertem Nützlichkeitsdenken, bei dem dann intellektuelle Titanen wie Dieter Bohlen letztendlich nur noch als plappernde Biomasse die Bestsellerlisten anführen.

Nehmen wir dieses Erbe der Humboldts im Sinne von George Bernhard Shaw an:

“ Tradition ist eine Laterne. Der Dumme hält sich an ihr fest, dem Klugen leuchtet sie den Weg”

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350 Jahre Staatsbibliothek Berlin



Auch sie haben hier gelesen:
Heine, Marx, Engels, Hegel, Schopenhauer, die Humboldts, die Grimms, Theodor Mommsen und Rudolf Virchow.
Die Nachlässe der bedeutendsten Koryphäen des 19. Jahrhunderts fanden Einzug in die Sammlungen.

Die Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz (so die offizielle Bezeichnung) ist neben der Bayerischen die wichtigste deutsche wissenschaftliche Forschungsbibliothek. Weltweit anerkannt, ist sie ein Zentrum der internationalen Literaturversorgung.

1661 von Friedrich Wilhelm von Brandenburg „Churfürstliche Bibliothek zu Cölln an der Spree“ gegründet, wurde sie 1701, als sich Preußen zum Königreich erklärte, in „Königliche Bibliothek zu Berlin“ umbenannt.
Die Geschichte dieser Bibliothek war immer auch deutsche Geschichte, Berliner Geschichte, gar europäische Geschichte. Absolutismus, Aufklärung, Berliner Salons, die Humboldts, die Grimms, Fontane, Hegel und Mommsen etc haben ihre zahlreichen Spuren hinterlassen. Prägend für diese lange Lebensdauer war die permanente Verzahnung mit der Universität, der Akademie der Wissenschaften, den Forschungseinrichtungen und dem preußischen Staat.
Unter Friedrich II in der „Kommode“ am heutigen Bebelplatz untergebracht, platzte sie bald aus allen Nähten, so dass man 1914 in den Prachtbau Unter den Linden umziehen musste. Bis 1945 fungierte sie als Preußische Staatsbibliothek. Während des Zweiten Weltkrieges wurden die Bestände evakuiert. Neben den massiven Kriegsverlusten blieben wichtige Sammlungen in Bibliotheken Polens und der Sowjetunion. Der größte Teil der Sammlung wurde in zwei Hälften geteilt: in der „Deutschen Staatsbibliothek“ der DDR im Ostteil der Stadt und – nach einigen Irrwegen – seit 1978 im Westteil der Stadt, an der Potsdamer Strasse in Tiergarten.

Weltweit bekannt, besitzt Berlin einzigartige Sammlungen, wertvolle Handschriften seit dem frühen Mittelalter, Autographe, Musikhandschriften von Beethoven, Bach und Mozart.

Seit einigen Jahren muß sich der Bau umfangreichen Sanierungsmaßnahmen unterziehen. 2014 soll alles fertig sein. Dann kann man im neuen Lesesaal aus dem Freihandmagazin aus über 500 000 Büchern wählen, nicht zu zählen die Millionen in den Magazinen.
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Max-Plank-Gesellschaft

100 Jahre Grundlagenforschung


Eng mit dem Campus Dahlem als einem der ältesten deutschen Forschungsstandorte verbunden, wurde das Institut 1912 als Kaiser-Wilhelm-Institut für physikalische Chemie und Elektrochemie gegründet. Es war sichtbares zeihen einer zeit, in der die aufstrebenden Naturwissenschaften stark von Herrscherhaus gefördert wurden. Bereits im Oktober 1910 hatte der Kaiser die Gründung zum 100sten Geburtstag der Berliner Universität annonciert. Der offizielle Gründungsakt wurde am 11.1.1911 in der Berliner Akademie der Künste feierlich vollzogen.
1948 wurde die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft in der Rechtsnachfolge in Göttingen neu gegründet und in Max-Plank-Gesellschaf umbenannt. Erstere wurde erst 1960 aufgelöst. Der Rechtsnachfolger übernahm einen Großteil der Liegenschaften. Am Stammsitz Berlin blieben nur noch wenige Institute.

Bestehende oder neue Institute wurden in großer Zahl in Westdeutschland neu gegründet, wie z.B. Chemie, Physik, Biochemie. Der Hauptsitz der Verwaltung ist in München, nur 25% der über achtzig Institute besitzen noch historische Wurzeln. Dennoch ist Berlin immer noch symbolisch wichtig für die Prinzipien der Gesellschaft: die Forschungsfreiheit für hochkarätige Forschung. Adolf von Harnack steht mit der Gründung des Fritz-Haber-Institutes stellvertretend für dieses Prinzip. Daneben beriebt die Gesellschaft noch vier weitere Institute in Berlin.

Berlin steht aber auch für die Brüche der Gesellschaft. 1927 wurde hier in Dahlem das Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik gegründet. Wohin dann dieser zunächst als positiv geltende wissenschaftliche Ansatz führte, muß nicht eigens erwähnt werden. Herr Rosenberg und Heinrich Himmler lassen grüßen.

Nach dem Fall der Mauer gewinnt Berlin wieder an Kontur. Hier entstanden die Institute für Infektionsbiologie und für Wissenschaftsgeschichte, in Zusammenarbeit mit den drei Universitäten Berlins

In Potsdam – Golm entsteht seit 10 Jahren ein völlig neuer Forschungscampus. Dort ist die Max-Plank-Gesellschaft allein mit drei Instituten vertreten.

Naturwissenschaftler der Gesellschaft arbeiten mit dem Elektronenspeicherring BESSY II im Campus Adlershof.


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