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Die Corps im Nationalsozialismus


1926:
Gründung des „Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes“ (NSDSTB), der wegen seines betont antibürgerlichen Auftretens bei den Corps auf Ablehnung stößt. Studentenführer Baldur von Schirach bemüht sich jedoch mit wachsendem Erfolg, Korporierte zu gewinnen.

Mai 1930:
In der „Deutschen Corpszeitung“ wird eindringlich vor einem parteipolitischen Engagement, vor allem bei der NSDAP, gewarnt.

Januar 1931:
Gegen den Protest des KSCV wird der NSDSTB vom „Allgemeinen Deutschen Waffenring“ als gleichberechtigter Partner anerkannt.

Juli 1931:
Auf dem Grazer Studententag übernimmt der NSDSTB die Führung der „Deutschen Studentenschaft“ trotz heftigen Protestes der Corpsverbände.

Juli 1932:
Auf dem Königsberger Studententag wird die Gleichschaltung vollzogen, die Delegierten erscheinen in Uniformen der NS – Gliederungen.

WS 1932/33:
Vielerorts kommt es zu heftigen Protesten vor allem von Corpsstudenten gegen den totalen Machtanspruch des NSDSTB.

30.1.1933:
Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler, was von allen Korporationsverbänden überschwänglich begrüßt wird. SA und SS üben harten politischen Druck aus, sich intensiv in deren Kreise einzureihen. Allein die Corps lehnen dies jedoch ab.

26.4.1933:
Das Mensurverbot wird aufgehoben.

20.7.1933:
Der „Allgemeine Deutsche Waffenring“ beschließt, dass alle „nichtarischen Mitglieder ausgeschlossen werden, ebenso alle Mitglieder, die mit nichtarischen Frauen verheiratet sind.“ Von den 104 deutschen Corps weigern sich nur 5, dem nachzukommen.

Dezember 1934:
Auf Betreiben der Deutschen Burschenschaft treten mehrere Verbände aus dem „Allgemeinen deutschen Waffenring“ aus und gründen den „Völkischen Waffenring“.

Januar 1935:
Die verbleibenden 13 Verbände gründen dagegen die „Gemeinschaft studentischer Verbände“ (GStV). Der Chef der Reichskanzlei, Heinrich Lammers, Corps Cheruscia im WSC, wird deren Führer. Diese Gemeinschaft wird vom NSDSTB anerkannt. Der „Völkische Waffenring“ hat sich selbst desavouiert und löst sich auf.

1.7.1935:
Der NSDSTB verlangt, dass alle Korporationen an den Schulungen der NSDAP teilnehmen. Die Corps lehnen dies ab. Der Bruch ist vollzogen. Adolf Hitler spricht auf einer Funktionärsversammlung seiner Partei den „langsamen Tod der Korporationen „ aus.

24.7.1935:
Auf Drängen der Deutschen Burschenschaft beschließen alle Verbände der GStV mit Ausnahme der Kösener Corps, alle Nichtarier auszuschließen. Deswegen wird der KSCV aus dem GStV ausgeschlossen. SA – Stabschef Lutze ordnet an, dass alle SA – Männer die Corps zu verlassen hätten.

28.9.1935:
Der Kösener Verband beschließt die Selbstauflösung. Der WSC und die übrigen Verbände folgen. 1938 schließen sich dem die beiden Altherrenverbände an.

1939:
Die letzen noch bestehenden Altherrenverbände werden von der Gestapo aufgelöst.

Seit ca. 1940/41 gelingt es in einigen Universitätsstädten, die sog. Kameradschaften in verkappte Korporationen umzuwandeln, die u.a. Kneipen und Mensuren durchführen.


Der Sog der politischen Umwälzungen machte also auch vor den Corps in Berlin nicht Halt. Immer weniger gelang es, junge Studenten für die Corpsidee zu gewinnen. Alles Anpassen an die Umstände, wie z.B. die unter politischem Druck zustande gekommen Übernahme des „Führerprinzips“, halfen nicht. Dazu kam, dass die politische Ideologie auch vor den Toren der Korporationen nicht immer aufgehalten werden konnte.

Einige Corps weigerten sich, ihre jüdischen Corpsbrüder im Stich zu lassen, andere Corpsstudenten warfen mit fanatischer Begeisterung am 10.3.1933 in Couleur Bücher in die auflodernden Flammen, weil sie „undeutschen Geistes“ waren. Auf der Weinheimtagung 1934 erschienen die rund tausend Teilnehmer alle in nationalsozialistischen Uniformen.

©cg


Neue historische Dokumente



Aus Privatbesitz sind kürzlich zwei hektographierte Mitteilungsschreiben des Führers der Kameradschaft „Preussen“ aus dem Jahr 1944 aufgetaucht, die für die Geschichte des Corps Berlin während des Dritten Reiches als Quellen von Bedeutung sind. Im Dritten Reich wurden die studentischen Korporationen wie alle gesellschaftspolitisch relevanten Institutionen verboten, aufgelöst oder nationalsozialistisch umgewidmet. Die Mitglieder der Korporationen wurden zum Zwecke politischer Indoktrination nationalsozialistischen Kameradschaften zugewiesen. Mit dem Zweiten Weltkrieg lockerte sich aufgrund kriegsbedingter Prioritäten der Zugriff des Systems auf die Kameradschaften, so dass sich dort wieder Elemente verbindungsstudentischen Lebens entwickeln konnten. Mitglieder waren immer noch meist ehemalige Verbindungsstudenten, sei es zum Studium freigestellte Wehrpflichtige, invalidisierte Frontkämpfer und Fronturlauber. Man wagte jetzt, wieder das dreifarbige Band, wenn auch auf der Uniform, zu tragen und, obwohl militärrechtlich strikt untersagt, Mensuren zu fechten. Im Sommer 1944 trafen sich sogar etliche Kameradschaften, deren Selbstverständnis inzwischen wieder das von Corps geworden war, um auf der Rudelsburg den aufgelösten Corpsverband wiederzugründen. Von einem der Teilnehmer denunziert, ist es allein den Wirren des militärischen Zusammenbruchs Deutschlands in den folgenden Monaten zu verdanken, dass die Beteiligten nicht in Gestapogefängnissen gelandet sind. Bereits bald nach Kriegsende haben sich in den drei westlichen Besatzungszonen, von den damaligen Bewohnern spöttisch als „Trizonesien“bezeichnet, wieder studentische Korporationen konstituiert. 1946 fochten Corpsstudenten in Erlangen wieder Mensuren, wenn auch unter Mißachtung des ausdrücklichen Verbots durch die Besatzungsmacht.